Forschungsschiff "Calypso"
von Jaques Yves Cousteau


Das Original


Technische Daten des Originals:

Länge:                42 m
Breite:                 7,6m
Tiefgang:            3,0m
Verdrängung:     360 to

Maschinenleistung:     1.160 PS
Geschwindigkeit:         10 Knoten

Besatzung:                  27 Mann
















© Foto: Cousteau Society



Die Calypso erblickte das Licht der Welt zunächst als Minensuchboot der US-Navy. Der Stapellauf fand am 21. März 1942 statt. Ziemlich genau fünf Monate später wurde das Schiff an die Britische Marine übergeben. 1946 auf Malta zunächst auf Reede gelegt und bereits am 10.06.1947 aus dem Flottenregister gestrichen, kehrte das Schiff am 12. August 1947 wieder zurück in die USA.

Nachdem es von einer Privatperson erworben und in "Calypso" umbenannt wurde - nach der Nymphe Kalypso in Homers Odyssee - versah sie von 1947 bis 1950 ihren Dienst als Personenfähre zwischen Malta und der vorgelagerten Insel Gozo. 1950 erwarb es dann der irische Bierbrauer Alec Guinness, der es dem französischen Marinekapitän Jaques Iyves Cousteau überließ.

Damit begann eine einzigartige Geschichte, in der die Calypso die Weltmeere befuhr und Cousteau zahlreiche Expeditionen mit ihr durchführte und Filme drehte, mit denen er einem breiten Publikum die Schönheiten der Ozeane zugänglich machte. Während man anfangs eher rustikal an die noch neue Art der Meeresforschung heran ging, erkannte Cousteau schon bald die Verletzlichkeit der Meere und ihren zunehmend schlechten Zustand. Cousteau entwickelte sich zu einem Mahner, der schon früh die Auswirkungen der Verschmutzung der Meere sah und den Einfluss des Klimawandels erkannte.

Umso tragischer ist es, dass die Calypso, nach einem Unfall bei Wartungsarbeiten im Hafen von Singapur, am 8. Januar 1996 von einer Barkasse gerammt wurde und sank. Provisorisch zusammengeflickt wurde sie zunächst nach Marseille geschleppt, wo Cousteau sie der Universität schenken wollte, was jedoch nicht zustande kam. Daraufhin wurde sie ins Meeresmuseum nach La Rochelle verlegt. Dort gammelte sie dann viele Jahre vor sich hin, u.a. aufgrund eines Rechtsstreites, wem die Calypso eigentlich gehört, bis sie in einem nahezu unrettbaren Zustand war. Am Ende entschied ein Gericht, dass das Schiff rechtmäßig der Cousteau Society gehört.

Nach einem vergeblichen Versuch das Schiff zunächst in einer Werft in Frankreich zu restaurieren, wurde die Calypso 2016 in eine Werft in der Türkei verlegt. Die Schiffsbauer in der Türkei verfügen über ein ausgesprochen gutes Know-how was den Bau von Holzschiffen in dieser Größenordnung betrifft. Jedoch kam es am 12. September 2017 zu einem Feuer in der Werft bei dem auch Teile des Schiffes beschädigt wurden.

Seitdem finden sich keine zuverlässigen Informationen mehr über den Verbleib und Zustand des Schiffes. Der Wunsch die Calypso wieder fahrtüchtig zu machen und sie als Botschafterin der Meere auf Reisen zu schicken, wird sich möglicherweise nicht erfüllen.


 
Das Modell


Technische Daten des Modells:

Maßstab:                 1:45
Länge:                      940 mm
Breite:                      170 mm
Tiefgang:                    67 mm
Gesamthöhe:           330 mm
Verdrängung:           ca. 5 kg

Antrieb:
2 Elektromotoren Monoperm Super
mit insgesamt 36 Watt Leistung

Sonderfunktionen:
- Drehbares Radar
- Ankerwinde
- Nebelhorn
- Beleuchtung mit 6 verschiedenen
  Schaltkreisen






Über einen Zeitraum von 8 Jahren, von 2014 bis 2022, entstand, mit Unterbrechungen, auf meiner kleinen Modellwerft das Modell der Calypso. Als Grundlage diente mir der Bausatz von Billing Boats. Von Anfang an war es dabei meine Absicht, das Modell so nah wie möglich an das Original zu bringen. Während ich anfangs dachte, dass ich lediglich einige Details verfeinern müsste, stellte sich relativ zügig heraus, dass vieles von Grund auf komplett neu aufgebaut werden musste. Weiterhin war es mir wichtiger, dass Modell so detailliert wie möglich zu bauen und dabei bewusst auf einige Sonderfunktionen, wie z.B. einen beweglichen Kran oder einen drehbaren Hubschrauberrotor, zu verzichten.

Um diese Detailierung zu ermöglichen habe ich im Internet zahlreiche Fotos zusammengesammelt, die aufgrund des Entstehungszeitraums jedoch häufig von bescheidener Qualität waren. Dazu kam der Plan aus dem VTH-Verlag, der zwar auch nicht ganz fehlerfrei ist, aber eine große Hilfe, u.a. bei der Anfertigung der einzelnen Winden war. Hinzu kam noch ein Buch mit zahlreichen Skizzen und Fotos, sowie einem kleinen Plan, welcher dem Original wohl am nächsten kommt. Letztendlich war mir aber bewusst, dass es schwierig wird, da das Schiff im Laufe der Zeit und für einzelne Expeditionen immer wieder umgebaut wurde. Einen konkreten Zeitpunkt im Aussehen des Schiffes festzuhalten war auch deshalb schwierig, weil die meisten im Netz zu findenden Fotos, nicht datiert sind. Es ist daher ein Rekonstruktionsversuch und ich denke, dass das Schiff Mitte der 1980er Jahre in etwa so ausgesehen haben dürfte.

Hier nun alle Änderungen im Detail aufzuführen, würde an dieser Stelle zu weit führen. Wer aber dennoch Interesse daran hat, kann im Modellbau-Forum rc-modellbau-schiffe.de hier einen ausführlichen Baubericht finden. Um die Fotos sehen zu können ist es jedoch erforderlich sich zu registrieren.


Der Rumpf


Die erste Änderung war der Einbau freilaufender Wellen. Dazu habe ich mir herkömmliche Stevenrohre mit Wellen in unterschiedlichen Längen besorgt, eine kurze von der ich das Stevenrohr verwendete und eine lange, von der ich die Welle verwendete. Die hintere Abstützung wurde mit Hilfe der Lager gebaut, die im Bausatz enthalten waren. Auf die Wellen kamen Vierblatt Messingpropeller von Raboesch mit 30mm Durchmesser. Als Motoren kamen zwei Monoperm Super zum Einsatz. Wenn auch nicht mehr der neueste Stand an Motorentechnik, zeichnen sie sich doch durch extreme Laufruhe und eine feinfühliges Regelverhalten aus. Um die Wellenaustrittswinkel möglichst flach zu bekommen, habe ich die Motoren hängend eingebaut, da so die zusätzliche Höhe der Befestigungsfüße nicht zum Tragen kommt.




Etwas was maßgeblich das Erscheinungsbild des Modells prägen sollte, war die Gestaltung des Rumpfes. Das Original hatte einen Holzrumpf, was auch zu sehen war. Der Im Bausatz enthaltene Kunststoffrumpf kommt diesem Eindruck jedoch nicht im entferntesten nahe. Einige Modellbauer haben den Rumpf daher mit schmalen Leisten beplankt, um dem Original näher zu kommen. Mich hat das jedoch nicht überzeugt und ich versuchte daher die Plankenstruktur einzugravieren. Dazu bediente ich mich eines Zirkels, den ich an der oberen Kante des Rumpfes entlang führte und anstatt einer Bleistiftspitze einen Messingstift mit einem angeschliffenen Grat enthielt. Die Einstechspitze des Zirkels habe ich durch einen abgerundeten Messingstift ersetzt, damit die Rumpfkante nicht durchgekkratzt wird. Dann habe ich den Zirkel immer um ca. 3mm weiter gespreizt und damit Planke für Planke eingraviert. Jedoch nur bis zur Wasserlinie. Die Struktur des angesetzten Bugs mit Beobachtungskammer habe ich mit einer Dreikantschlüsselfeile eingraviert.

Damit wirkt der Rumpf deutlich plastischer und dreidimensionaler als die Baukastenausführung und der Gesamteindruck wird deutlich gesteigert.






Das Tauchboot und die Garage unter Deck


Wie bereits oben erwähnt, war es meine Absicht das Modell so detailliert wie möglich zu bauen. Dazu gehört auch die Darstellung von Bereichen, die nicht unbedingt auf den ersten Blick zu sehen sind, wie z.B. die Brücke oder der Unterdeckbereich, in welchem das Tauchboot "Denise" gelagert wird, sozusagen die Garage.

Da es in der Natur der Sache liegt, dass die Garage vor Einbau des Decks fertiggestellt sein muss, war es erforderlich, hiermit zu beginnen. Um die Dimensionen besser einschätzen zu können war es wiederum erforderlich, dass das Tauchboot fertig zur Verfügung steht. Hierzu habe ich die Tiefziehteile aus dem Bausatz verwendet, aber zahlreiche Details anhand von Fotos ergänzt.





Für den Ausbau der Garage standen mir einige Zeichnungen in besagtem Buch zur Verfügung - dort wird das Schiff im Längsschnitt gezeigt - und auch einige Fotos, wenn auch zum Zeitpunkt, als der Zustand des Schiffes bereits sehr schlecht war. Das was nicht dokumentiert zu finden war, wurde mit etwas Fantasie ergänzt.

Natürlich wurde dort auch eine Beleuchtung eingebaut, damit man später alles gut sehen kann.







Die Brücke mit Innenausbau


Die Brücke wurde natürlich zu einem deutlich späteren Zeitpunkt gebaut, aber da das hier ja kein chronologischer Bericht sein soll, folgen die Bilder nun an dieser Stelle. Das Grundgerüst aus Holz wurde aus dem Bausatz verwendet, die Außenhaut wurde jedoch durch 1mm Kunststoff ersetzt, da es einer bessere Oberfläche ergibt.


Besonders stolz bin ich auf die beiden Maschinentelegrafen. Der Grundkörper besteht aus zwei aneinander geklebten Bullaugen. Die beiden Hebel habe ich aber aus 0,5mm Messingblech ausgesägt. Die Skala ist von Hand gezeichnet und wurde dann per Kopierer verkleinert. Lesbar ist sie jedoch nicht.







Die Aufbauten wurden ohnehin komplett neu gebaut, da sie ca 15mm zu lang waren. Auch sind an den unteren Aufbauten die Seiten im Baukasten im Prinzip gespiegelt, beim Original war die Anordnung der Türen, Fenster und Bullaugen jedoch unterschiedlich.


Die Winden


Viel Zeit investierte ich auch in die Winden, insbesondere die große Winde auf dem Achterdeck und die Ankerwinde. Von ersterer ist am Ende jedoch nicht mehr viel zu sehen, da sie ziemlich zugebaut ist. Hier habe ich übrigens die Windentrommeln aus Kunststoff nachgebaut, da mir die Messingdrehteile zu schwer und auch zu klobig waren.







Die Ankerwinde des Bausatzes ist leider ein sehr liebloses Konstrukt, so dass ich diese komplett selbst gebaut habe. Lediglich die Spills wurden verwendet.




Der Steuerbordanker kann übrigens originalgetreu fallen gelassen und auch wieder gehievt werden. Dazu befindet sich unter Deck, in etwa unter dem Brückenhaus, eine kleine Winde, die dem Prinzip entspricht, wie ich es auch in meiner Happy Hunter verwende (siehe hier). Der Motor ist mit einer Zahnradschnecke mit der Kettentrommel verbunden. Dadurch ist die Trommel gesperrt und der Anker ist fixiert. Durch Anheben des Motors mit einem kleinen Servo erfolgt die Trennung des Getriebes und der Anker fällt. Gleichzeitig wird die Ankerlaterne auf dem vorderen kleinen Mast eingeschaltet. Dreht das Servo in die andere Richtung, wird der Motor eingeschaltet und der Anker gehievt.



Da ich in das Vordeck keine Öffnung einschneiden wollte um an die Winde zu kommen, befindet sich diese unter Deck im Bereich des Brückenhauses. Da die Kette über die Ankerwinde auf dem Vordeck läuft, war es erforderlich eine Führung für die Kette einzubauen. Dazu verwendete ich ein dickes Kunststoffrohr, welches unter Wärmeeinwirkung gebogen wurde. Auf dem folgenden Foto ist die Versuchsanordnung zu sehen, mit der ich testete ob alles funktionierte. In dem Bereich der Kettendurchführungen habe ich eine Kunststoffplatte eingebaut in der die Fallrohre und das Führungsrohr verklebt wurden. So war der Einbau des eigentlichen Decks später kein Problem mehr.







Die Decks und ihre Beplankung

Die Decks aus dem Baukasten habe ich nahezu unverändert verwendet. Ich habe auf dem Achterdeck jedoch den abnehmbaren Teil so geändert, dass es eine durchgehende Decksfläche ist. Das Bootsdeck musste an der Achterkante um ca. 15mm gekürzt werden. Hier war alles zu lang, so dass der Bereich um die Heliplattform sonst zu kurz geworden wäre. Ich denke das war seitens Billing Boats wohl dem Umstand geschuldet, dass man besser an die RC-Anlage kommt.

Zur Beplankung habe ich die dem Bausatz beiliegenden Furnierleisten verwendet. Die Kanten waren jedoch nicht ganz sauber, so dass ich diese erst mit feinem Schleifpapier begradigen musste. Anschließend habe ich die Kanten mit schwarzem Wachsmalstift eingefärbt, zur Darstellung der Kalfaterung. Nach dem Schleifen und Lackieren sieht das ganze dann ganz gut aus.

Zum Lackieren der Decks habe ich Holzlack von Clou verwendet. Den gibt es auch in matt. Das funktioniert sehr gut. Eine gute Alternative sind auch Parkettlacke.



Auf den obigen Fotos ist der Zustand direkt nach dem Verkleben und nach dem Schleifen, vor dem Lackieren zu sehen. Die Planken habe ich übrigens mit Pattex Strong & Safe verklebt. Dieser Kleber ist Sekundenkleber recht ähnlich, hat aber den Vorteil, dass man ein paar Sekunden zum korrigieren hat.


Der Kran

Beim Kran war von vornherein klar, dass ich diesen nicht funktionsfähig bauen wollte. Nach den Erfahrungen mit dem deutlich größeren Kran auf meiner Happy Hunter, war einfach festzustellen, dass der "Spielwert" am See doch eher eingeschränkt ist. Das funktioniert auf dem Schreibtisch alles wunderbar, aber auf einem ständig schaukelnden Schiffsmodell in einigen Metern Entfernung hält sich der Spaß doch stark in Grenzen.

Dadurch musste ich mich um die technische Umsetzung der Beweglichkeit keine Gedanken machen, sondern konnte recht entspannt einfach nur Modellbau betreiben, wobei der Kran dennoch komplett beweglich ist. Der Kran besteht aus einigen Kunststoffteilen die als Spritzteile beiliegen und ein paar Messingteilen. Hier musste ich nur wenig ergänzen oder korrigieren, um den Kran etwas näher an das Vorbild zu bringen, wie z.B. die Hydraulikleitungen.

Angefangen habe ich mit dem Sockel, denn ich vollständig selbst erstellte, da das Tiefziehteil nicht so ganz meinen Vorstellungen genügte. Dazu waren zahlreiche kleine Winkelverstärkungen anzukleben, was sehr fummelig war. Aber gerade diese Details machen es aus.

Im Inneren des Sockels befindet sich eine M3-Mutter, so dass der Kran zum Schluss einfach mit einer Inbusschraube befestigt werden kann.








Der Mast

Der Mast der Calypso dient gleichzeitig als Beobachtungsplattform und Geräteträger, u.a. für die nautische Beleuchtung und das Radar. Das Radar wollte ich natürlich gerne drehbar gestalten, dabei aber nicht einfach eine Antriebswelle nach unten führen, um den eigentlichen Antrieb unter Deck besser verstecken zu können.

Mittlerweile gibt es ja ein ganz gutes Angebot an kleinen und kleinsten Getriebemotoren. Jedoch war der 4mm-Motor in seiner Drehzahl noch zu hoch. Reduzierte ich die Spannung, so lief er damit zwar weiter, aber er lief damit leider nicht mehr an. Einen Motor mit einer anderen Untersetzung konnte ich nirgends finden. Die 6mm-Motoren, die es mit einer größeren Auswahl an Untersetzungen gibt, sind leider zu groß.

Also habe ich mit Hilfe von kleinen Schneckenritzeln und Zahnrädern, die es als Zubehör für Fahrmodelle in 1:87 (also der Spurweite HO) gibt, meine eigene Untersetzung gebaut. Der Motor befindet sich dabei unter der Plattform und ist erst auf den zweiten Blick zu sehen.







Die Konstruktion des Mastes ist insgesamt sehr aufwändig und kompliziert. Hier musste ich aufpassen alles in der richtigen Reihenfolge zusammenzubauen. Die beiden Stützen habe ich aus 6mm Alurohr gefertigt, um im Inneren die Leitungen für den Radarmotor, die Positionslampe und den Deckstrahler einziehen zu können. Auf dem folgenden Bild sind fast alle Teile vor der endgültigen Montage dargestellt.




Ein eher unauffälliges Teil, welches sich auf nahezu jedem Schiff befinden dürfte, ist das Anemometer, ein Windmesser, welches auch tatsächlich drehbar ist. Die Halbkugeln sind zwar nicht hohl, aber ich bin doch einigermaßen stolz, dieses winzige Teil selbst erstellt zu haben.







Die Heliplattform

Die Calypso bekam Ende der 1970er Jahre - ich glaube es war 1978 - einen Helikopter an Bord, der natürlich auch eine Möglichkeit zum Landen benötigte. Anfangs war die Plattform am Bug installiert. Ich vermute mal, dass dies in Bezug auf das Seegangsverhalten nicht unbedingt positiv war. Außerdem beeinträchtigte der abgestellte Helikopter natürlich die Sicht. So wurde die Plattform also nach achtern verlegt, der Zustand welcher von Billing Boats dargestellt wird und den auch ich bauen wollte.

Das was Billing Boats da allerdings als Heliplattform vorsieht, hat mit dem Original leider nicht so viel zu tun. Hier werden auf ein Grundgerüst einfach ein paar Holzleisten als "Belag" aufgeklebt. Bei der Betrachtung von Originalfotos stellt man sehr schnell fest, dass es sich hier um Gitterprofile handelt. Die Stützen auf Deck und die Unterkonstruktion sind auch nicht einfach quadratische Teile, sondern H-Profile.

Das einzig brauchbare ist die Gitterkonstruktion des Grundgerüstes aus Spritzgussteilen, welches wie ein Plastikbausatz einfach nur zusammengeklebt werden muss. Da es sich hier im Original aber um L-Profile handelte, habe ich diese Gitter noch etwas verfeinert. Das Gitter für den "Belag" habe ich bei Anbietern für Architekturmodellbau gefunden. Es ist aus Aluminium und lässt sich gut mit einem Cuttermesser bearbeiten. Die H-Profile für die Stützen gibt es in jedem gut sortierten Modellbau-Online-Shop.

Nachdem ich alles beisammen hatte, wäre es theoretisch recht einfach gewesen, wenn man einen richtigen und passenden Plan gehabt hätte. So stehen die beiden hinteren Stützen nicht symmetrisch, d.h. die linke Stütze steht aufgrund der darunter befindlichen Winde etwas weiter außerhalb. Insgesamt hat es zwei Fehlversuche gebraucht, bis alles einigermaßen richtig an seiner Stelle stand und lackiert werden konnte.








Auf dem Foto unten links ist noch ein anderes Gitter zu sehen, welches ich zuerst verwenden wollte, aber dieses war mir dann doch zu feinmaschig und von seiner Ausrichtung der rechteckigen Öffnungen genau falsch herum.


Der Helikopter

An Bord der Calypso befand sich ein Helikopter vom Typ Huges 269, den Cousteau liebevoll "Felix" nannte. Mit Schwimmern ausgerüstet war es dem kleinen Heli möglich auch auf dem Wasser landen zu können. Der Vorteil des Helis war natürlich eine Ausweitung des Beobachtungsbereiches. Ferngesteuerte Drohnen, wie man sie heute überall kaufen kann, gab es damals noch nicht.

Die Geschichte dieses "Zuberhörteils" ist eine Geschichte für sich, da es im Prinzip ein Modell auf einem Modell ist. Leider wird dieser kleine Heli von Billing Boats sehr stiefmütterlich behandelt. So liegen dem Bausatz zwei Tiefziehteile, aus mehr oder weniger durchsichtigen Material, Tiefziehteile für die Schwimmer, die jedoch, wie der ganze Heli, etwas zu klein geraten sind, bei. Dazu kommen ein paar Spritzgussteile für den Heckrotor und den Rotorkopf. Der Rest sollte aus Holz und ein paar Drähten zusammengesetzt werden. Aus ein paar Metern Entfernung mag das halbwegs akzeptabel aussehen, mir gefiel das spätere Ergebnis jedoch überhaupt nicht.

Nun wäre es theoretisch am einfachsten hier einen Plastikbausatz zu verwenden, wenn es denn einen gäbe. Leider bieten die Hersteller von Plastikmodellen lieber die gefühlt 235. Version einer ME 109 oder Spitfire an, anstatt zahlreiche Eigner der Calypso glücklich zu machen und einen Bausatz eines Helis anzubieten, welcher auf der Welt wohl zu tausenden im Einsatz war.

In einigen Modellbauforen habe ich gesehen, dass einige Modellbauer einen Bausatz eines Hughes 500 modifiziert haben, indem sie den vorderen Teil der Zelle abgetrennt haben und zu einem Hughes 269 umgebaut haben. Aber die Zellen unterscheiden sich doch sehr deutlich, so dass das keine Alternative für mich war. Dennoch hatte ich auf einer Modellbaumesse für 5 Euro einen Bausatz eines Hughes 500 gekauft, denn ein paar Teile davon ließen sich sicher verwenden.

Irgendwann fand ich im Internet tatsächlich einen Hersteller der plante, diesen Heli in 1:48 und 1:32 herauszubringen. Es gab sogar schon einen ersten Test-Shot der Formen in 1:32. Da der Hersteller aber in der Ukraine sitzt, hat man hier im Jahre 2022 aber sicher andere Sorgen.

Da ich aber irgendwann auch einen Heli an Bord meiner Calypso haben wollte, war eine Lösung erforderlich, die ich u.a. bei Haller 3D fand. Er bietet - zugegeben für nicht wenig Geld - einen Satz aus 3D-Druck-Teilen an. Hier war fast alles dabei, bis auf die Klarsichtkanzel und die Decals. Problem war, dass er diesen nur in 1:40 anbot. Nach ein paar Mails, einer Bestellung in 1:45 und Lieferung dann doch in 1:40, sowie einem sehr ausführlichen und netten Telefongespräch, bekam ich irgendwann die ersehnten Teile im richtigen Maßstab. (Auf den folgenden Fotos sind die Teile zu sehen, es fehlen jedoch die Rotorblätter).





Das war schon einmal eine gute Grundlage. Da 3D-Druck-Teile aber den Nachteil haben, eine relativ rauhe Oberfläche zu haben, wollte ich dann doch einige Teile selbst anfertigen. So entstand ein Modell aus einem wilden Mix an Teilen. So habe ich aus dem Teilesatz von Haller 3D, die Schwimmer, den Motor- und Getriebeblock, die Tanks, die Mittelkonsole des Cockpits und die vordere, untere Verkleidung der Zelle verwendet. Aus dem Plastikbausatz habe ich die Sitze, Steuerknüppel, Pedale, Leitwerke und Rotoren verwendet, wobei ich den Vierblattrotor zu einem dreiblättrigen Exemplar umbauen musste. Der Rest ist selbst gebaut. Zum Glück finden sich im Internet zahlreiche Fotos und Zeichnungen dieses Helis, so dass ich hier eine ganz gute Grundlage hatte.






Besonders aufwändig war die Herstellung der Klarsichtkanzel. Die Scheibe aus dem Hughes 500-Bausatz war nicht zu verwenden, da sie zu schmal ist und auch deutlich anders geformt war. Hier habe ich jedoch immerhin die Scheiben für die Türen verwendet. Sie passen nicht ganz exakt, aber diese Abweichungen sind nicht so groß.

Über die Kanzel hatte ich mir schon recht früh Gedanken gemacht, so dass ich hier viel Zeit zum experimentieren hatte. So fertigte ich zunächst aus einem Balsaholzklotz eine passende Positivform an, über die ich geeignetes Kunststoffmaterial tiefziehen wollte. Anfangs verwendet ich Schrumpfschlauch für Akkus, was mit einem Fön recht einfach zu bewerkstelligen war. Das Material ist aber sehr dünn und auch nicht wirklich klar. So habe ich dann in der endgültigen Ausführung PET-Flaschen verwendet. Hier lag die Kunst darin zunächst geeignete Flaschen ohne irgendwelche Prägungen zu finden und dann, neben der richtigen Temperatur im Backofen, auch die richtige Breite eines Rings zuzuschneiden, damit sich alles in die gewünschte Form zieht. Beim siebten Versuch ist es dann irgendwann gelungen. Nun galt es beim Zuschneiden keinen Mist zu bauen.




Der Rest war dann ein wenig wie der Bau eines Plastikmodells. Zunächst wurde das Cockpit gebaut. Die Instrumente stammen zum Teil aus dem Bausatz des Hughes 500. Bevor der Ausleger und die Rotorwelle angebaut werden konnte, musste zunächst der Motor- und Getriebeblock lackiert werden. Die Streben auf der Scheibe sind aus Zierlinienklebeband hergestellt. Die Decals hatte ich mir mal beim Druckeronkel anfertigen lassen und sind z.T. eine vergrößerte Version der Revell-Decals. Nach 3-4 Wochen Bauzeit war dann auch das letzte Kapitel beim Bau dieses Modells abgeschlossen.







Weitere Details

Alle Details im Einzelnen zu beschreiben würde hier zu weit gehen. Ob es die Dekompressionskammer ist, der Kamin, die Halterungen der Rettungsinseln, die Leiter zur Heckplattform, das Namenschild, die kleinen Bootskräne, die Beiboote, die Liste wäre schier unendlich. Stattdessen lasse ich hier einige Fotos sprechen.













Jungfernfahrt und Fahrverhalten

Die erste Fahrt im fertigen Zustand, jedoch noch ohne Helikopter, fand am 5. Juni 2021 am Godewindteich in Travemünde statt, also über sieben Jahre nach Baubeginn. Da ich vorher schon einige Testfahrten im noch unfertigen Zustand gemacht habe, gab es keine Überraschungen. Die freilaufenden Wellen und die Ruder waren dicht, ebenso die Bullaugen in der Bugnase. Die wenigen Sonderfunktionen haben funktioniert.




Trotz der versuchten Gewichtseinsparungen war jedoch festzustellen, dass das Modell ca. 2-3mm zu tief liegt und zu einem unangenehmen Rollen neigt. Inbesondere plötzliche Windböen sorgen für ebenso plötzliche Schräglagen, so dass ich anfangs immer einen kleinen Schreck bekam. Letztendlich bestand bisher keine Gefahr, dass das Modell kentert, aber sie wird wohl eher etwas für ruhige Gewässer sein.



Am 23. April 2022 erfolgte dann auf der "Modellbau live" in Bad Bramstedt die erste Fahrt mit Helikopter, und das Modell wurde zum ersten Mal einem größeren Publikum vorgestellt. Ich war von der Resonanz dann ein klein wenig überwältigt. Einer der ersten, der bei einem Rundgang die Calypso entdeckte, war Holger von Subwaterfilm, der das Modell dann auch im Laufe des Tages ausführlich filmte.

Als ich im Springerbecken selbst erst einmal ein paar Fotos machen wollte, entdeckte ich im Augenwinkel einen Fotografen, der auf dem Bauch liegend meine Calypso fotografierte, der sich dann als Mario Bicher von der Zeitschrift Schiffsmodell entpuppte. Es ergab sich schnell ein intensives Gespräch, welches in einem ausführlichen Interview mündete und einen ausführlichen Bericht in der Septemberausgabe 2022 der Zeitschrift nach sich zog.




Hinzu kamen zahlreiche Gespräche mit Zuschauern und Modellbauern, die mir zeigten, dass dieses einzigartige Schiff nichts von seiner Faszination verloren hat. Für die meisten meiner Generation sind es Kindheitserinnerungen an die Filme von Cousteau und die Abenteuer der Calypso. Aber es ist auch das Erbe, welches Cousteau hinterlassen hat, dass es an uns Menschen liegt, die Meere zu schützen.

Umso bedauerlicher ist es, dass es zur Zeit scheinbar unklar ist, ob die echte Calypso jemals wieder als Botschafterin der Meere diese befahren wird. Vielleicht kann aber jedes Modell der Calypso einen kleinen Beitrag dazu leisten, dieses Erbe aufrecht zu erhalten.



 
Irgendwie war der Bau dieses Modells für mich wie eine Expedition. Eine Expedition in die Anatomie eines einzigartigen Schiffes. Ich habe dabei viel gelernt über die Calypso, ihre Ausrüstung, ihre Reisen und die Menschen die auf ihr lebten und arbeiteten. Ob das Original jemals wieder auferstehen wird, steht derzeit wohl in den Sternen. Dafür finde ich es umso schöner, wenn Modellbauer weltweit mit ihren Modellen der Calypso, die Erinnerung an dieses Schiff aufrecht erhalten. Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich, dass die Calypso nun auch Bestandteil meiner Modellflotte ist.


Und hier ein Video von Subwaterfilm
(die Calypso ist ab 1:51 und 3:12 zu sehen)