Trimaran "Kingfisher"

alias "Butterfly" von Graupner


Technische Daten des Modells:

Länge Hauptrumpf:                    1130 mm 
Breite über die Schwimmer:        920 mm
Höhe Mast ü. Deck:                   1720 mm
Segelfläche A-Rigg ca.:                50 qdm
Verdrängung:                           ca. 3,0 kg



Lübeck. Wakenitz, an einem sonnigen Nachmittag. Der Wind bläst aus Ost-Nordost mit drei bis vier Beaufort, in Böen sind es auch mal fünf. Klares Wetter, gute Sicht, die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel. Die Segel werden vom Wind gefüllt. Das Boot beschleunigt mit atemberaubender Geschwindigkeit, der Leeschwimmer taucht immer weiter ab und verschwindet in einer Wolke von Gischt, bis er für einen Moment komplett abtaucht. Das Ufer nähert sich rasch, „Klar zur Wende!", um das Spiel nun auf Backbordbug erneut beginnen zu lassen.

Es ist schwer die Begeisterung, die man beim Segeln mit Mehrrumpfbooten erlebt, in Worte zu fassen. Dafür sollen auch vielmehr die Bilder sprechen, die zumindest annähernd  einen Eindruck vermitteln. Das Segeln mit einem Trimaran ist in punkto Geschwindigkeit eine völlig neue Dimension die sich einem erschließt. Aufgrund des nicht vorhandenen Kielgewichtes und der schmalen Rümpfe, ist die Beschleunigung und die erreichbare Geschwindigkeit dieser Boote einfach beeindruckend. Das allerdings auch nur bei entsprechendem Wind. Im Falle der hier gezeigten „Butterfly“ von Graupner sollten es auch schon mindestens drei Beaufort sein, sonst hält sich der Spaß eher in Grenzen. Bei wenig Wind ist ein Trimaran dann auch eher mit einem Stück Treibholz zu vergleichen, da Wenden deutlich zäher zu fahren sind und sich der Vorteil aufgrund des geringeren Gewichtes gegenüber einem vergleichbaren Kielboot nicht zeigt.




Nun hat sich in den vergangenen Jahren die Modellbauszene mit den Mini-40-Trimaranen erfreulich weiterentwickelt. Jedoch scheint der Kreis der Aktiven doch relativ klein zu sein, sieht man derartige Boote doch eher selten auf den Gewässern. Das liegt u.a. sicher daran, dass es derzeit keine Bausätze von einem der großen Hersteller gibt. Ein Fertigmodell von Joysway stellt die einzige Möglichkeit dar derzeit mit geringem Aufwand an einen Trimaran zu kommen, jedoch kenne ich die Qualität und Segeleigenschaften nicht. So bleibt in erster Linie der Selbstbau. Hier ist der Aufwand dann relativ groß, da man doch gleich drei Rümpfe bauen muss. Dafür sind die meisten Modelle dann eher zweckorientiert, so dass modellübliche Details, wie man sie z.B. von Fahrtenyachten kennt, meist entfallen können.

Die Modelle der Mini-40-Klasse sind zudem auch nicht gerade klein. Noch eine Nummer größer sind die 2-Meter-Trimarane. Dass es aber auch kleiner geht, zeigten einige Modellbauer aus der RG65-Szene, die gut funktionierende Trimarane mit 65cm Rumpflänge konstruiert und erfolgreich gesegelt haben. Die Rümpfe dieses Trimarans sind einfache Kastenkonstruktionen aus lediglich drei Planken.

Aufgrund dieses Dilemmas ist es umso enttäuschender, dass es derzeit keinen bezahlbaren Bausatz eines Trimarans gibt. Die hier gezeigte „Butterfly“ von Graupner stammt aus den 1990er Jahren und ist mit Glück nur noch gebraucht zu bekommen. Kurz nach der Vorstellung dieses Modells zog auch robbe mit einem Trimaran, bestehend aus drei Topcat-Rümpfen, nach. Aber auch dieses Modell verschwand rasch wieder aus den Katalogen. Die geringen Absatzzahlen, verbunden mit den nicht gerade günstigen Preisen, waren sicher ausschlaggebend dafür, dass diesen Bausätzen ein längerer Erfolg leider nicht gegönnt war. Zudem sind sie in Sachen Betrieb und Transport nicht ganz einfach zu handhaben.




Mein Weg zum Trimaran-Segeln war bei mir eher durch Zufall bestimmt. Nachdem ich mich Anfang der 2000er Jahre mehr oder weniger erfolgreich mit dem Regattasegeln der Micro-Magic beschäftigt hatte, suchte ich nach einem Boot, das etwas sportlicher unterwegs ist, ohne noch genau zu wissen worauf es hinausläuft. Bei einem Modellbauhändler sah ich eine Jollie von robbe, aber auch besagte Butterfly. Nach einem kurzen Gespräch mit einem Modellbaufreund riet dieser mir zur Butterfly, da er beide Boote kannte und gesegelt hat. Die Preisnachfrage bei dem Modellbauhändler sorgte aber erst einmal für ein langes Gesicht. Aber wie es der Zufall so wollte, entdeckte ich bei ebay einen ungebauten Bausatz der Butterfly. Nach einigen Tagen wechselte dieser für 210 Euro den Besitzer. Der Baukasten war bis auf die Klebebilder und die Mastlager vollständig. Die Klebebilder wollte ich ohnehin nicht verwenden, die Mastlager waren Standardteile für Swingriggs.

Der Bau des Modells war dann nicht sonderlich aufwändig. Ich habe das Modell auch im Prinzip „Out of the Box“ erstellt und so gut wie keine Änderungen vorgenommen. Auf Rat des Konstrukteurs habe ich lediglich die untere Wantbefestigung nicht aus Alurohr, sondern aus einem CFK-Rohr angefertigt, da dieses deutlich steifer ist. Den Rat so leicht wie möglich zu bauen habe ich leider nicht ganz in die Realität umsetzen können. Dafür bekam ich von ihm noch zwei kleinere Segel für mehr Wind. Die Segel sind allesamt von guter Qualität. Sie sind aus mehreren Bahnen genäht, mit eingearbeitetem Profil.



Bei der farblichen Gestaltung orientierte ich mich an der Farbgebung für den Trimaran, der zu dieser Zeit für Ellen McArthur gebaut wurde, für die Jagd nach neuen Weltrekorden. Dieses Boot ist komplett orange, was mir sehr gut gefiel. Ich fand dann bei den Autolacken auch einen enstprechenden Farbton, so dass ich die Lackierung mit der Sprühdose vornahm. Beim Rigg lackierte ich jedoch nur den Baum, was mir besser gefiel und letztendlich auch einfacher war. Passend zum weißen Segel bekam der Mittelrumpf ein weißes Unterwasserschiff, die Spitzen von Schwert und Ruder wurden leuchtrot lackiert, was einen interessanten Kontrast ergibt und durchaus auch bei den "Großen" Verwendung findet. Wenn das Boot einmal kenntern sollte, dann ist der leuchtrote Bereich des Kiels einfach besser erkennbar. Die Fenster am Aufbau, wie auch der Cockpitboden, wurden mit DC-Fix-Folie beklebt. Irgendwo fanden sich auch noch ein paar Abziehbilder von Amaturen, welche dann an der hinteren Traverse angebracht wurden. Das Steuerrad mußte selbst erstellt werden, es lag lediglich die Nabe dem Baukasten bei. Ich verwendete für das Steuerrad jedoch 1,5mm Messingrohr, bzw. 1mm Messingdraht für die Speichen, dadurch wirkt es etwas filigraner. Abschließend bekam er noch einige Verzierungen aus blauer Plotterfolie, sowie den Namen "Kingfisher", ebenfalls in Anlehnung an eines der Boote von Ellen McArthur.




Die drei Kunststoffrümpfe sind fertig geblasen mit bereits eingelassenen Muttern zur Befestigung der Beams, welche wiederum aus einem Aluprofil bestehen und fertig vorgebogen sind. Diese werden mit Nylonschrauben verbunden, so dass das Modell jederzeit komplett zerlegt werden kann. Da diese Konstruktion nicht sehr verwindungssteif ist, wurde dazu ein Swingrigg entwickelt. Das ist zwar nicht unbedingt die beste Kombination, funktioniert aber ganz gut und erleichtert das Handling beim Transport und dem Aufriggen am See bedeutend. Einfach den Mast ins Lagerrohr stellen, Schot einhängen, fertig.

Eine Besonderheit befindet sich am Ruder des Modells. Am unteren Ende befindet sich eine Leitplatte mit einer leicht negativen Einstellung. Dadurch wird das Heck des Bootes etwas nach unten gezogen, der Bug wird entlastet und die Solpergefahr reduziert. Bei einem Vergleich mit einer anderen Butterfly, dessen Ruder keine Leitplatte besaß, zeigte sich sehr deutlich die Wirkung dieser Leitplatte. Ein Unterschied in der Geschwindigkeit war dagegen nicht festzustellen.




Zur Segelverstellung befindet sich unter Deck eine kräftige Regatta-Segelwinde. Da diese ohnehin schon relativ schnell ist und die Schot am vordern kurzen Ende des Baums angeschlagen ist, sind die Reaktionszeiten bei der Segelverstellung sehr kurz, was in kritischen Situationen von Vorteil ist.

Der Baum ist eine Kastenkonstruktion aus Sperrholz und sehr stabil. Zusammen mit dem runden Mast mit Keep, Stahlwanten und kleinen Wantenspannern ergibt sich ein recht wertiges und gut einzustellendes Rigg.

Eine Eigenschaft von Trimaranen ist die Leegierigkeit die durch das Eintauchen des Leeschwimmers entsteht. Das Verhängnisvolle daran ist, dass das Boot damit zunehmend auf einen Vorwindkurs gerät und damit verstärkt der Gefahr des Stolperns über den Bug ausgesetzt wird. Ein Kielboot, welches im ungünstigsten Fall einen Stecker fährt, wird durch das Kielgewicht wieder aufgerichtet, ein Trimaran bleibt in so einem Fall „auf dem Dach“ liegen.




Aus diesem Grund befindet sich an der Spitze des Mastes die sogenannte „Angstbeule“. Dabei handelt es sich um einen kleinen Auftriebskörper der bei einer eventuellen Kenterung verhindern soll, dass das Boot vollständig durchkentert und mit der Mastspitze auf der Wasseroberfläche zum Liegen kommt. Das funktioniert aber nur bedingt. Wenn das Modell mit etwas Schwung ins Stolpern gerät, dann geht es ohne Halt mit dem Mast um 180 Grad nach unten. Das ist mir zwischenzeitlich natürlich auch schon mehrmals passiert, aber ich hatte bisher immer das Glück, dass ein netter Kanufahrer o.ä. in der Nähe war, der das Boot wieder auf die Füße stellte. Wasser dringt während dieser misslichen Lage übrigens nicht ein. Der Schotdurchführung vorgelagert ist ein ca. 30cm langes Kunststoffröhrchen im Inneren des Rumpfes, durch das die Schot läuft.

Da man aber doch irgendwann mal vor dem Wind segeln muss, ist es zu empfehlen, dies gegebenenfalls mit dichtgeholten Segeln zu tun. Das sieht zwar etwas merkwürdig aus, verhindert aber besagte Kenterung.

Auf die Möglichkeit des Kenterns wird in der Bauanleitung auch hingewiesen, so dass ich die ersten Segelversuche mit einem leicht mulmigen Gefühl anging. Mit der Zeit lernte ich aber das Modell kennen und weiß inzwischen wie man damit umzugehen hat. Kritisch sind plötzliche Böen, die das Modell erwischen, wenn es wenig bis gar keiner Fahrt hat. Dann kann die Energie des Windes nicht schnell genug in Vortrieb umgesetzt werden und das Modell wird förmlich ausgehebelt. Dann ist eine schnelle Reaktion an der Segelwinde erforderlich um so manche Kenterung zu verhindern. Ähnlich sieht es aus, wenn der Leeschwimmer zu tauchen beginnt. Dann ist Vorsicht angesagt. Aber zwischenzeitlich habe ich festgestellt, dass man das Modell auch mit getauchtem Schwimmer gut unter Kontrolle halten kann. Dabei ist dann ständige Aufmerksamkeit gefordert und sowohl am Ruder und an der Winde wird mit möglichst kleinen Steuerbewegungen ständig gearbeitet.




Am schnellsten ist ein Trimaran, wenn der Hauptrumpf gerade so aus dem Wasser kommt und es nur noch auf dem Leeschwimmer vorwärts geht. In meinem Falle ist das Boot dann doch leider etwas zu schwer geraten und die Schwimmer bieten zu wenig Auftrieb. Aber in manchen Situationen konnte ich die Tendenz dazu erkennen, so dass ich hier vielleicht einfach nur noch etwas mutiger sein muss. 

Letztendlich ist es für mich auch genau dieser Reiz das Modell bei hohen Geschwindigkeiten in diesen Grenzbereichen zu segeln. Dabei muss man ständig sehr aufmerksam sein und das Modell immer im Blick haben. Trimaransegeln ist einfach anders und gewissermaßen echter Modellsport.



Vielleicht wagt es ja doch noch ein Hersteller ein solches Modell wieder als Baukasten aufzulegen. Viele Modellbauer würden solch eine Entscheidung sicher sehr begrüßen, denn das Interesse an diesen Booten ist nach meiner Erfahrung sehr groß.



Kingfisher mit B-Rigg bei 3-4 Bft. Trotz des voll getauchten Leeschwimmers kam das Modell nicht ins Stolpern, da das Modell bereits vor dem Abtauchen des Schwimmers ausreichend Geschwindigkeit hatte. Erfolgt das Abtauchen bei geringeren Geschwindigkeiten, besteht die Gefahr des Kenterns, was nur durch schnelles Fieren der Segel zu vermeiden ist.